Rezension
Alex Kurtagic – Warum Konservative immer verlieren
Verlag Antaios – Kaplaken 35 – Von Baldur Landogart
Klein aber fein: Das Büchlein des Publizisten, Musikers und Grafikers Alex Kurtagic, wartet in der 2014 erschienenen Essay-Sammlung „Warum Konservative immer verlieren“, mit frischen und teils provokanten Thesen auf, welche jedoch aufgrund ihrer klaren und strukturieren Argumentationskette, zu einer genaueren Betrachtung einladen.
Kurtagic greift zuerst im wesentlichen auf das von Gustav Mahler zugeschriebene Zitat: „Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“ und die Formel von Albrecht Günthers: „Konservativ sein ist nicht ein Hängen an dem, was gestern war, sondern ein Leben aus dem, was immer gilt“ auf und plädiert deutlich für eine schöpferische Fortschreibung vergangener Überlieferungen.
Linke sind für Kurtagic Anhänger der Ideologie der Gleichheit und des Fortschritts, die mit dem Liberalismus der Moderne verknüpft ist. Rechte hingegen seien Vertreter elitaristischer und zyklischer Weltanschauungen. An den sogenannten Konservativen jedenfalls lässt der Publiziest kein gutes Haar. Diese beschreibt er als langweilig, bei den Toten, Einbalsamierten und künstlich am Leben gehaltenen zuhause. Während die Konservativen beklagen, daß die Dinge der Vergangenheit verschwinden, beklagen sich die Linken darüber, daß sie nicht schnell genug verschwinden. Die einen seien Nekrophile, die anderen Meuschelmörder. Beide denken zuviel an den Tod, Der Traditionalismus hingegen drehe sich um das Leben, um einen Zyklus von Geburt, Wachstum, Reife, Tod und Erneuerung.
Laut Kurtagic stellt für Konservative die Gegenwart nur eine bloße Fortsetzung der Vergangenheit dar. Linke sehen in der Gegenwart nur ein Hindernis auf dem Weg in die Zukunft und für Traditionalisten sei Gegenwart nur ein Augenblick zwischen dem, was war und dem, was sein wird.
Konsverative gelten nach Kurtagic auch als lediglich anders angepinselte Liberale, welche alles verlieren, nur eben langsamer und in der Regel auch erst durch das Alter konservativ werden.
Nach einem Liberalisierungsschub diene der Konservatismus dazu, den Bürgern eine Verschnaufpause zu gönnen, damit sie sich in Ruhe auf die nächste Welle vorbereiten können. In einer Zeit, in der alles nach Fortschritt strebt, werden Konservative – welche sich nach dem Autor recht vereinfacht, stets auf die Vergangenheit fixieren und jeglichen Veränderungen und Neuheiten mißtrauisch gegenüberstehen, so zu politischen Antiquaren, die statt Macht auszuüben, in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.
Einer „Musealisierung“ steht der Auto äußerst kritisch gegenüber, wobei ich an dieser Stelle darauf hinweisen möchte, das natürlich die Aufbewahrung/Konservation von Objekten und Anschauungen unabdingbar erscheint, um überhaupt eine kulturelle Übergabe an nachfolgende Generationen – somit auch eine Weiterentwicklung – zu ermöglichen. Dass Konservative nach Kurtagic stets einen Mangel an Kreativität aufweisen, erscheint mir nicht stichhaltig genug. Dass sie weniger risikofreudig sind, mag im Durchschnitt stimmen, jedoch nicht zwangsläufig ein negatives Kriterium darstellen.
Obwohl die politisch Rechte, seit geraumer Zeit die Wissenschaft, die Daten und viele logische Argumente auf ihrer Seite besitzt, befindet sie sich seit Jahrzehnten auf dem Rückzug. Kurtagic begründet dies durchaus plausibel, an etlichen Beispielen aus seiner Arbeit als Gestalter, mit der These, dass vor allem eine Konsumgesellschaft, eben mehr als Fakten und Aufklärungskampagnen benötigt, um zu einer Änderung ihres Verhaltens bewogen zu werden. Er spannt den Bogen noch weiter: Unter gewissen Umständen kann ein „Tagträumer“, welcher die Fähigkeit besitzt, andere mit seinen Träumen anzustecken, ein größerer Pragmatiker sein, als der oft selbsternannte „prakmatisch“ orientierte Rationalist, der andere über seine Vernunft zu überzeugen versucht.
Metapolitisch betrachtet geht es um eine „bewaffnete Ästhetik“, welche in der Lage ist, eine Ideologie in eine pasende Gestaltung zu übersetzen und mit deren Hilfe das Volk und seine Kultur in eine bestimmte Richtung zu leiten, damit dieses/diese grundlegend verändert werden kann. Dass eine Massenmobilisierung natürlich nur dann möglich ist, wenn das jeweilige Produkt oder Ereignis gängige Werte des gerade üblichen „Mainstreams“ verpackt und dass das Mobilisierungspotential umso gerninger ausfällt, je weniger dieser Werte Teil des „Mainstreams“ sind, wird auch in dem vorliegenden Essay festgestellt. Ohne ein möglichst opitmales, ästhetisches Erscheinungsbild ist es mehr als schwierig, effektive Politik zu betreiben. Keine Idee lässt sich – vor allem heutzutage und bei einem eilitären Publikum (welches wir dringend benötigen) – ohne entsprechendes Marketing verkaufen. Es geht vor allem um Emotionen (hieraus bestimmt sich auch im wesentlichen die Moral) welche die Fakten in uns auslösen und die Gründe, warum die Menschen so fühlen und nicht anders.
Der linke Anspruch auf intellektuelle Überlegenheit muß ohne Gnade attackiert werden, damit nicht zuletzt ihre Anziehungskraft auf qualitativ hochwertige und statusbewußte Individuen gemindert wird. Demzufolge ist auch der Einsatz von Humor und Satire wichtig, denn sobald die Menschen beginnen, über das „Establishment“ zu lachen, beginnt diese Macht zu schwinden.
Jede Bewegung, jedes Projekt operiert auf verschiedenen hierachischen Ebenen. An der Spitze stehen die Denker, diese beinflussen die Strategen, die wiederum die Organisation und diese wiederum die Aktivisten, welche sich an die Leute auf der Straße wenden. Jedes Plakat, jedes Schlagwort, jedes Produkt durchläuft im wesentlichen diesen Zyklus.
Kurtagic appelliert vor allem an die patriotische Avantgarde und ermuntert seine Gefährten zum Kampf, mit den mahnenden Worten: Der Preis für die temporäre Feigheit von heute ist der andauernde Horror von morgen.